Bogenberg

Der Urlaub wird fortgesetzt: Wir sind nach einer Woche Unterbrechung wieder auf der Reise nach Lackenhäuser. Diesmal legen wir Zwischenstopp bei der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt, der ältesten Marienwallfahrtskirche Bayerns, auf dem Bogenberg ein.

In Corona-Zeiten ist weit und breit kein Pilgerbus auszumachen, sodass sich schon die Parkplatzsuche luxuriös gestaltet und wir nur noch entscheiden müssen, ob uns der Schatten weiter östlich, mittig an der Treppe oder doch eher westlich für unser Womo angemessen erscheint.

Coffee to go hat der Opa im Autohof besorgt und dazu gibt’s Oma-Lieses Powidl-Rohrnudeln. Die Kaffepause genießen wir unter blauem Himmel bei 30°C auf dem Bogenberg mit freiem Blick auf die Donau. Kaum eine Menschenseele stört das Bild, obwohl der Kalender behauptet, es sei Sonntag mitten in der Hochsaison. Ein Tag, an dem die Wallfahrtskirche üblicherweise unter kerzenwütigen Pilgern schwitzt und dabei eine neue Schicht Patina rußender Fürbittopferkerzen ansetzt.

Bereit für Eindrücke aus einem Gemisch von christlichem Glauben und abergläubischer Tradition lassen wir die Pilgerstätte auf uns wirken.

Wir haben uns bei der Parkplatzentscheidung auf den östlichen Teil geeinigt und kommen deshalb von hinten auf den Heiligen Berg, weshalb wir auch dem Altarraum sozusagen gleich mal von seiner Kehrseite entgegen treten.

Aha.

In zwei Minuten beginnt eine Andacht: Wir erkunden zunächst mal das Außengelände.

Blick vom Bogenberg nach Bogen
Donaublick Richtung Westen
Oberalteich, Benediktinerkloster, 1100 vom Grafen von Bogen gegründet. Der erste Abt hieß Egino (der Benediktinerpater, der uns zu St. Stephan in Augsburg vor 30 Jahren getraut hat, hieß ebenfalls Egino).
Bescheidener, kleiner Landwirt stellt sein Werk zur Schau.
Straubing
Sportboote auf der Donau

So, jetzt stimmt’s: Von Westen kommt der Wallfahrer auf die Kirche zu.

Erst mal an den Andenken-Lädchen vorbei, bevor es einen gnädigen Segen gibt.

Ein Außerirdischer? Hat wohl den richtigen Landeplatz verfehlt…
Grüße vom Gesundheitsminister

Wie sieht’s im Gottshaus aus? Eine Andacht kann ja nicht soo lange dauern.

Kommt noch niemand raus, also haben wir noch Zeit für weltliche Informationen:

und kirchliche Impressionen

Die Andacht tobt noch, Marienlieder werden angestimmt… Dar Pfarrer genießt und findet kein Ende… Kein Wunder, dass die Mitglieder schwinden…. Noch ein Gebet, wieder eine Viertelstunde ausgekostet, in der Kirche ist es sicher angenehm kühl… Noch mal Fürbitten, ein Ave Maria… Wieviel hat er wohl heute wieder zum Austritt überredet…

Wir verbringen die Zeit im Schatten der Kirche und Oma-Liese hat Muße, sich umzusehen: Zuhause steht auf den Gräbern „Lang“, hier heißt man „Länger“.

Gleich hinter unserem schattigen Sitzplätzchen ist an der Friedhofsmauer eine Tafel angebracht. Zum Gedenken an einen Familienvater, der wohl zu Lebzeiten Opernsänger war. Doch sie haben ihn in den Krieg geschickt. Nach Verdun. Dort hat er nur noch den Tod gefunden. Und die junge Ehefrau mit ihrem kleinen Kind…

Vor zwei Jahren haben wir die Gedenkfelder von Verdun besucht, Namen gelesen, Orte, bekannte und unbekannte. Hier auf dem Bogenberg bekommt der ganze historische Wahnsinn ein Gesicht. Ich erlaube mir, ein Foto von unserm Besuch in Verdun einzufügen.

Ich hoffe, die trostlose Gattin Erna hat Trost gefunden in der Andacht und Hilfe erhalten für den Alltag mit einem Kind ohne Vater…

Die Andacht dauert noch. Ich suche nach Motiven…

Eine Dreiviertelstunde hat er mit mit einigen wenigen Andächtigen Rituale herunter gespult. Die treuen Seelen, kaum eine unter achtzig Lebensjahren, tauschen, kaum dass sie die Kirchenschwelle nach außen übertreten haben, ihre Bedenken über die Andacht und die Umstände „so ohne Mesmer“ in Corona-Zeiten aus, um sich zügig zu verflüchtigen, als der Gottesmann selbst seine Arbeitsstätte verlässt.

Wir können jetzt hinein ins Wallfahrtskirchlein!

Rechts und links vor dem Altarraum angebracht sind 13 Meter langen und 50 Kilogramm schweren Kerzen der Wallfahrer aus dem 75 Kilometer entfernten Holzkirchen im Landkreis Passau. Eine Fußwallfahrt nehmen die Männer Jahr für Jahr auf sich und tragen die Kerze, auf einigen der Tradition folgend vorgegebenen Streckenabschnitten, aufrecht. Ursprünglich, um der Borkenkäferplage Einhalt zu gebieten, inzwischen, um Kriege zu verhindern und zu allgemeinen Anbetungszwecken. Nur umfallen darf sie auf gar keinen Fall…

Gleich hinter dem Taufstein, durch eine Glastüre getrennt, befindet sich die Opferkammer. Angesichts der tief dunkelgrauen, vom Dauerkerzenrauch geschundenen Wände im gesamten Innenraum der Kirche wollte sich bei uns einfach nicht das obligatorische, folkloristische Opferkerzenpflichtgefühl einstellen. Auch nicht, unter der Verlockung, dem Geheimnis auf den Grund gehen zu können, was das für ein höllisches Gas sein mag, das sich in den angebotenen Opferkerzenatrappen verbirgt, um die nun rußfreie Flamme zu speisen.

Er hat schwer zu tragen…

und am Kirchenausgang gibt‘s die Marienfigur zum Sonderpreis: Ein Schnäppchen quasi. Der reinste Ausverkauf.

Unser Schnäppchenjägergen fühlt sich nicht unausweichlich genug angesprochen und wir widersagen der Verlockung, eine Madonna zum Schleuderpreis ergattern zu können.

Als alte Donaubewohner einer gründlich begradigten Donau genießen wir nochmal den Blick auf eine Donau mit kurvigem Lauf mit Aussicht auf Deggendorf.

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