Morgens um 02:30 a.m. brechen wir zu einem zwanzigminütigen Nachtmarsch auf. Ziel: Das Ufer zum „Southampton Water“ am Cricket-Ground.
Wir erwarten eine alte Bekannte. Laut Schiffsradar befindet sie sich momentan im Ärmelkanal vor der „Isle of Wight“. Über die Ankunftszeit im Hafen von Southampton finden wir unterschiedliche Angaben. Dass sie unseren Aussichtspunkt passieren muss, steht fest. Um also den Moment nicht zu verpassen, scheint es angeraten, einen reichlich bemessenen Zeitpuffer einzuplanen.
Erst gestern am späten Abend wurde uns bewusst, dass der Vollmond ebenfalls sein Stelldichein geben würde. Der Himmel ist sternenklar, Sternschnuppen huschen vorbei. Herz, was willst du mehr!
Jetzt erst mal ein Probefoto, um die Kulisse und die Kameraeinstellungen zu prüfen:
Passt. Der Mond muss unscharf bleiben, denn Schiffe verkehren ja für gewöhnlich auf Gewässern, also bleibt der Fokus auf dem gleißenden Mondlicht.
Es raschelt hinter unserem Bänkchen:
The Hedgehock! Für unsere Mission habe ich jetzt leider keinen Blitz dabei, aber das Igelchen ist sicher auch ganz froh, nicht geblendet zu werden.
Bald taucht ein junger Mann auf seinem E-Trike auf und setzt sich auf die E-R- Jubelee-Sitzgruppe von 2012. Und zwar mitten auf die Tischplatte, um sich seiner Nikotinsucht zu widmen. Ein gutes Stündchen leistet er uns still Gesellschaft. Auf die QM2 wartet er jedenfalls nicht. Noch bevor diese in der Hafeneinfahrt erscheint, rollt er wieder in die dunkle Nacht.
Ein kleineres Frachtschiff durchquert meine Kulisse: Probefoto.
Noch eine Stunde später: könnte ein U-Boot sein.
Dann endlich manövriert sich die Queen im Zickzackkurs auf der Fahrrinne, in unser Blickfeld. Inzwischen weiß der Opa, dass sich vor der „Isle of Wight“ gleich vier Kreuzfahrtschiffe versammelt haben: Außer unserer Queen, die „Bolette“, die „Enchanted Princess“ und die “Island Princess“.
Die Dämmerung setzt deutlich ein, ein Stativ ist inzwischen nicht mehr nötig. Das geht jetzt aus der Hand.
Der Opa hält die Positionen der Queen und unsere (Fähnchen) fest. Die Zeitangabe stimmt nicht.
Mit 20 Knoten gleitet die morgendliche Parade an uns vorbei, angeführt von der „Queen Mary 2“.
Ob der Plan mit dem Mond noch in Erfüllung gehen wird? Sternschnuppen für optimistische Wünsche waren tatsächlich reichlich unterwegs.
Es wird heller und heller, Frau Luna stand die ganze Nacht nicht besonders hoch aber jetzt nimmt sie deutlich Kurs auf den Horizont. Außerdem sind 20 Knoten nicht gerade tauglich für ein Wettrennen mit einem Erdtrabanten, der schon ein paar Jahre länger sicher seinen Kurs hält als unsere QM2.
Langsam wird‘s knapp!
Auf die Queen ist Verlass! Ein majestätisches Manöver souverän in königlicher Würde absolviert.
Noch ein paar Zugaben:
Den vierten Kreuzer warten wir nicht mehr ab. Opa und Oma müssen jetzt Schlaf nachholen.
Das letzte Foto gebührt der Queen, die um 06:15 a.m. im Hafen von Southampton sicher andocken wird.
Am Nachmittag sehen wir uns noch die Ruine einer Abbey hier vor Ort an, um dann die QM2 an ihrem Liegeplatz in Southampton zu besuchen. So nahe wie in Hamburg werden wir ihr nicht kommen können, aber für ein paar Fotos reicht‘s bestimmt. Die Bolette wird vor ihr liegen, aber auch vor ihr ablegen, sodass die Queen nochmal zu sehen sein wird.
Die Fotos davon gibt‘s aber erst morgen, denn heute will die Oma den Abend ohne Digitalkram genießen und morgen auf der Weiterfahrt wird dann wieder Gelegenheit sein für Blogarbeiten.
Am frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum Hafen von Southampton. Die Bushaltestelle erreichen wir über einen kleinen Abstecher zur Ruine “Netley Abbey“.
Danach: Warten auf den Bus.
Am Ende der kleinen Fahrt noch beim Busfahrer bedanken und über ein Stück alter Stadtmauer – mal oben, mal unten – zum Hafen spazieren.
Nur einzelne wenige Bauwerke der Hafenstadt haben die Bombenangriffe der Deutschen im Zweiten Weltkrieg überstanden.
Im Vordergrund liegt die Bolette, dahinter die QM2.
Fähre zur Isle of Wight
Dicke, schwarze Rauchwolke. Keine Aufregung unter den Städtern, keine Feuerwehr zu hören: Offenbar eine alltägliche Rauchsäule.
Auf das Ablegemanöver der Queen haben wir es abgesehen.
Erst muss die Bolette (Omas Sprech: „Bulette“, die Briten sprechen vornehmer: „Bouletti“) weg, damit die Queen genügend Platz zum Ablegen hat.
Ist recht zügig von statten gegangen.
Da fährt sie hin, die Bulette.
Das junge Gefügel muss weichen, wenn ein Erwachsener angeflogen kommt.
Was macht die Queen?
Sie stößt dunklen Rauch aus, die Motoren werden hochgefahren. Und dann dauert‘s erst mal…
Die Hafengebäude erstrahlen in der Abendsonne.
Die QM2 liegt leider genau im Westen.
Warten… In 10 Minuten soll sie planmäßig ablegen.
Von Osten her machen sich drei Lotsenboote auf den Weg.
Es tut sich was! Die Taue werden eingeholt.
Dann wieder lange nichts.
Mit einem dreifachen, kraftvoll dröhnenden Hupen verabschiedet sie sich von Southampton.
Sie bewegt sich!
Allerdings in die falsche Richtung!
In die Mitte des Beckens muss sie wohl zunächst manövrieren, damit beim Wenden mit Bug und Heck genau ein Kreis beschrieben wird.
Dann verharrt sie minutenlang auf der Stelle.
Die beiden warten auch…
Das Manöver ist beinahe vollbracht, als wir leider den Hafen verlassen müssen, um den Bus noch zu erwischen. Jetzt kommt das wunderbare Schiff auch ohne uns zurecht und kann aus dem Hafen ausfahren.
Die Uhr sollte sich mal ein Fachmann vornehmen. Es ist bereits 07:30 p.m.
Gerade, als die Oma-Liese den Anker an der Bushaltestelle ins Bild sortiert, ertönt noch einmal das Signalhorn der Queen Mary.
Jetzt nimmt sie ein Stück weit denselben Weg, den die Titanic damals auch schon gefahren ist, leider nur ein einziges Mal.
Die Queen Mary 2 macht noch einmal Zwischenstation in Rotterdam, danach in Amsterdam, bevor sie am Freitag in Hamburg zum Hafenfest ihren Auftritt gibt, indem sie vor der Elbphilharmonie drehend ihren tiefen Hupton ertönen lassen wird, womit das Fest eröffnet sein wird.