Freitagmittag, Reiseziel: United Kingdom. Sonne im Osten, dunkle Wolken in Fahrtrichtung Westen. Der Garten wird heute noch seinen Regenguss abbekommen. Ein beruhigendes Gefühl. Alles drin im Womo, es kann losgehen! Oma-Liese muss wiedermal nur einsteigen, den Rest macht der Opa: er kennt die Reiseroute, weiß, in welchem Kreisverkehr er im 380 Kilometer entfernten Koblenz im rechten Moment abbiegen muss, um den Campingplatz zielsicher anzusteuern. Da braucht’s kein Navi!
A7: zähflüssiger Freitags-nach-Dienstschluss-Verkehr, Regen, dann schon bald Stau. Starkregen, Baustelle: Stau. Es fließt, dann wieder Stau. Rettungsgasse, Baustelle, Regen. Dann Hagelbeweisfotos und -videos aus dem heimatlichen Legoland. Wir fahren. Dann wieder Stau: A7 – keine Überraschung. Fahrt durch Weinberge, vorbei an Gemüsefeldern, mit saftigem Karottengrün und aromaintensiven Zwiebelarmeen in Reih und Glied, Erntehelferwohncontainern, feldnah aufgestellt, emsigen Erntehelferschwärmen bei der Arbeit – heute werden unter Mindestlohnbedingungen bei wechselnder Wetterlage in gebückter Haltung Frühlingszwiebeln verbraucherfreundlich abgewurzelt und küchenfertig gebündelt, damit die ernährungsbewusste Hausfrau zum Grillabend “Bruschedda“ auf den Vorspeisenteller zaubern kann.
Koblenz rückt näher. Der Campingplatz ist für eine Nacht gebucht… Ein Geräusch! Etwas schabt. Sofort stehen bleiben, das weiß Oma-Liese aus Erfahrung und hat auch schon ein günstiges Plätzchen im Blick. Die Einfahrt zu einem Wandererparkplatz ist jetzt zur Hälfte mit einem Wohnmobil zugeparkt. Hilft nix, muss sein. Das sagt die Erfahrung. Ein Blick unter das Womo bringt Aufklärung und das erste Foto der Reise:
Da hängt was rostiges vom Auspufftopf herunter!
Freitag, 18:30 Uhr. Der ADAC muss her. Seit dem letzten Abschleppmanöver am Rusel in Niederbayern im vergangenen Herbst ist der Opa nun doch Mitglied und schon zahlt es sich aus.
Schon bald eilt ein freundlicher gelber Engel herbei, stellt mithilfe von Oma-Lieses Foto seine Diagnose: „Das ist nur die Haut und die ist kross gebraten. Eine krosse Haut!“ Er freut sich und bringt sodann das Womo in eine lässige Schräglage. Mit ein paar netten Horrorgeschichten über Metallspäne, die ihm bei häuslichen Werkeleien ins Auge geraten waren und kürzlich vom Hausdach gestürzten Kollegen, rollt er sich auf der soeben entfalteten Unterlage, die er zusammen mit drei ausgewählten Zangen und Blechscheren aus dem gut bestückten Werkzeugschränkchen gezaubert hat unter das 3-Tonnenfahrzeug, um die krosse Haut abzuzwicken. Nach wenigen Minuten taucht er wieder auf, um zu verkünden, dass ihm das passende Werkzeug fehle.
Was ein richtiger Engel ist, dem fällt immer noch eine zweite Lösung ein! Wenn die Haut nicht abgehen will, muss sie eben befestigt werden. Gesagt, getan. Das himmlische Wesen fördert aus seinem Materialschränkchen eine Rolle Drahtseil hervor und ist auch schon wieder unter dem Fahrzeug zu Gange. Jetzt wird gewickelt und gründlich verknotet. Damit könnten wir unsere Reise fortsetzten und gelegentlich mal, eventuell vor dem nächsten TÜV-Termin, in einer Werkstatt vorbeischauen oder abwarten, bis der Auspufftopf ein kleines Löchlein entwickelt hat, um einen bessern Sound entfalten zu können.
Noch wägen wir ab, ob wir dem Engel vertrauen können oder doch besser am morgigen Samstag die italienische Fachwerkstatt aufsuchen sollen. Ob ein Ersatzteil vorrätig sein wird? Ob wir die Fähre auf die Insel umbuchen müssen? Ob wir Koblenz noch genauer kennen lernen würden, so ähnlich wie damals Ski und Oslo?
Wir fahren jedenfalls erstmal beruhigt zum Campingplatz am Rheinufer.
Erster Eindruck beim Check-In:
Kaiser Wilhelm hoch zu Rosse am Deutschen Eck wird unseren Nachtschlaf bewachen.
Unser Stellplatz ist direkt am Rheinufer mit Blick zur Festung Ehrenbreitstein gelegen. Die Abendsonne sorgt für geniale Beleuchtung, während die Gondeln der Seilbahn unentwegt Touristen zum beliebten Aussichtspunkt befördern.
Wenn schon Kirchtürme, dann aber auf jeden Fall Zwillingstürme.
Die goldene Stunde erreicht ihren Höhepunkt, das Fotografenherz ist der unvorhergesehenen Autopanne dankbar für die Zeitverzögerung.
In der Stadt sollte sich wohl ein Wein- und Speiselokal finden lassen…
Wir sind fündig geworden: Ein gemütlicher Biergarten, etwas abseits von abendlicher, weinseliger Ausgelassenheit. Oma-Liese ergreift die Gelegenheit beim Schopf, ihren Beitrag zum Posten von Essensfotos zu leisten. Es gibt für die Oma Bandnudeln mit frischen Pfifferlingen im Rahmsoße, dazu feinherben Riesling, der Opa lässt sich ein Putensteak mit Spätzle und Champignonrahmsoße servieren und er hat Lust auf ein dunkles Weißbier.
Bittesehr:
Vor dem Essen.
Gut war‘s!
Nach dem Essen. Allmählich wird‘s dunkel in Koblenz.
Das ruhige Gitarrenspiel eines Straßenkünstlers sorgt für abendliche Harmonie. Was will man mehr…
Wir schlendern noch zum Deutschen Eck und lassen die Stadt an Mosel und Rhein auf uns wirken.
Alles gut vertäut.
Neptun sorgt bei einer Reisegruppe mit launigen Anekdoten aus seinem reichen Erfahrungsschatz für gelöste Stimmung.
Schon eine herausragende Lage für einen Campingplatz, so direkt gegenüber dem Deutschen Eck, wo sich Mosel und Rhein vereinen. Die Wohnfahrzeuge stehen zwar wie die Sardinen dicht an dicht, dafür hat aber auch jede Sardine guten Blick auf die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten, die Koblenz zu bieten hat. Ist allerdings auch nicht ganz preiswert, so ein Konservenplatz in prominenter Lage.
Die Gondeln gondeln immer noch und auf den Kreuzfahrtschiffen herrscht abendliches Treiben.
Das Abendessen ist bereits verzehrt,
die Frühstücksgedecke stehen schon bereit,
die Polonaise nimmt Fahrt auf.
Wir verlassen die Uferpromenade, um allmählich zum Womo zu spazieren, wo wir am Rheinufer bei Kerzenschein und einem Gläschen Wein den Kreuzfahrern beim Weiterschippern zusehen wollen.